Wir haben PolitikerInnen angeschrieben, die sich als Abgeordnete für den Deutschen Bundestag zur Wahl stellen.

Die meisten Parteien haben uns, manchmal sogar mehrfach, geantwortet. Wir veröffentlichen die Antworten unverändert.

Unsere Fragen an die Politik

Die Armutsgefährdung von Einelternfamilien ist mit über 40 % besonders hoch. Sie sind fünfmal häufiger von Armut betroffen als Paarfamilien. Ein Grund dafür ist die schlechte Zahlungsmoral beim Kindesunterhalt. Nur die Hälfte aller alleinerzogenen Kinder erhält überhaupt Unterhalt vom anderen Elternteil. Weitere 25 % nur unregelmäßig und unvollständig. Der VAMV Berlin begrüßt als eine der wichtigsten Maßnahmen gegen die Armut von Einelternfamilien, dass der Unterhaltsvorschuss jetzt bis zum 18. Lebensjahr des Kindes und ohne Höchstbezugsdauer bezahlt wird.

Der VAMV Berlin sieht aber das eigentliche Ziel in der zuverlässigen und vollständigen Zahlung des Unterhaltes durch den anderen Elternteil. Unterhaltsschuld ist keine Ehrenschuld, zu Elternrechten gehören auch die Elternpflichten. Noch ist nicht alles erreicht in Sachen Unterhalt und Unterhaltsvorschuss.

1. Unterhalt und Unterhaltsvorschuss

  • Wie will Ihre Partei erreichen, dass in Zukunft die Zahlungsmoral der Unterhaltspflichtigen zuverlässig sichergestellt wird? Welche Maßnahmen plant Ihre Partei, die Rückholquote beim Unterhaltsvorschuss zu erhöhen?
  • Die Zahlen geben Hinweis, dass nicht nur zahlungsunfähige Elternteile Unterhalt schuldig bleiben. Wie will Ihre Partei erreichen, die Zahlungsfähigkeit schneller festzustellen und damit die Zahlungsverpflichtung erhöhen?
  • Noch immer sind im Unterhaltsvorschuss nicht alle Ziele erreicht:
    • Unterhaltsvorschuss wird noch immer nicht in der gleichen Höhe wie Unterhalt gezahlt, da das Kindergeld voll angerechnet wird. Plant Ihre Partei, diese Ungleichheit ausgleichen
    • Mit der Anhebung des Bezugsalters auf 18 Jahre ist in der Regel noch nicht das Äquivalenzalter zum Unterhalt erreicht, der bis zum Abschluss der ersten Ausbildung bezahlt wird. Wird Ihre Partei diese Ungleichbehandlung schnell ausgleichen?

Die Antworten

CDU/CSU
Die CDU/CSU hat uns die Antworten auf die Fragen der Wahlprüfsteine des VAMV Bundesverbandes zugeschickt, deren Fragen sich zum Teil mit unseren überschneiden.

SPD
Die SPD hat uns ebenso die Antworten auf die Fragen der Wahlprüfsteine des VAMV Bundesverbandes zugeschickt, deren Fragen sich zum Teil mit unseren überschneiden.

Bündnis 90/ Die Grünen

  • Wir finden, es muss alles getan werden, um den Unterhaltsschuldner oder die Unterhaltsschuldnerin zur Zahlung heranzuziehen und die Rückholquote beim Unterhaltsvorschuss gemeinsam mit den Ländern zu verbessern. Dabei muss zum einen die Datengrundlage und Ursachenforschung erweitert werden. Zum anderen muss ein finanzieller oder personeller Anreiz für die kommunalen UVG-Stellen geschaffen werden. Wir prüfen, ob spezialisierte Einheiten bei der Finanzverwaltung die Aufgabe der Rückholung und ggf. sogar die Mitwirkung an der Ermittlung der Höhe pflichtigen Unterhalts besser umsetzen können.
  • Siehe Antwort auf die vorhergehende Frage.
    Neben den spezialisierten Einheiten bei der Finanzverwaltung wollen wir eine personelle und qualitative Verstärkung der Beistandschaften für minderjährige Kinder, die zur Geltendmachung von Unterhalt und zur Verfügung über diese Ansprüche bestellt werden, prüfen.
  • Wir werben für das grüne Familienbudget: eine Kindergrundsicherung, die Kindergeld und Kinderfreibeträge ersetzt, sowie einen Kindergeldbonus für Geringverdienende – unabhängig vom Einkommen der Eltern. Für die meisten Alleinerziehenden liegt das Familienbudget oberhalb des Unterhaltsvorschusses. An der Anrechnung dieses Familienbudgets halten wir technisch gesehen fest. Wir haben uns lange für die Verbesserung des Unterhaltsvorschusses eingesetzt. Eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses steht am Anfang der Diskussion. Für uns ist prioritär, mit dem Familienbudget das Armutsrisiko insbesondere von Alleinerziehenden massiv zu senken.

DIE LINKE

  • Es ist wichtig dem Eindruck entgegenzutreten, die Nichtzahlung von Unterhalt sei ein Kavaliersdelikt. Das Engagement der oft unter hohem Kostendruck stehenden Kommunen beim Wiedereintreiben des Unterhaltsvorschusses lässt sich aller Voraussicht nach erhöhen, wenn sie einen Anteil davon behalten dürfen.
  • DIE LINKE setzt sich für eine Stärkung der Beistandschaften ein, die im Fall der Fälle eine Anzeige wegen Nichtzahlung von Unterhalt zur Anzeige bringen können. Dafür müssen die Jugendämter finanziell und personell besser ausgestattet werden.
  • Ja. DIE LINKE setzt sich schon seit Langem dafür ein, dass das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird. Außerdem sollen Unterhaltsvorschuss und Kindergeld nicht auf die SGB-II-Leistungen angerechnet werden dürfen.
    Ja. Wir wollen den Bezug des Unterhaltsvorschusses bis zum Abschluss der Schulbildung oder Ausbildung und mindestens bis zum 18. Lebensjahr des Kindes ohne Einschränkungen ausweiten.

FDP
Von der FDP haben wir zwei Antworten erhalten. Der Vollständigkeithalber veröffentlichen wir beide.

FDP-Landesverband und
Athanasia Rousiamani-Goldthau (Kandidatin für den Deutschen Bundestag)

  • Die Zahlen geben Hinweis, dass nicht nur zahlungsunfähige Elternteile Unterhalt schuldig bleiben. Wie will Ihre Partei erreichen, die Zahlungsfähigkeit schneller festzustellen und damit die Zahlungsverpflichtung erhöhen?
    Noch immer sind im Unterhaltsvorschuss nicht alle Ziele erreicht:
    Unterhaltsvorschuss wird noch immer nicht in der gleichen Höhe wie Unterhalt gezahlt, da das Kindergeld voll angerechnet wird. Plant Ihre Partei, diese Ungleichheit ausgleichen? Mit der Anhebung des Bezugsalters auf 18 Jahre ist in der Regel noch nicht das Äquivalenzalter zum Unterhalt erreicht, der bis zum Abschluss der ersten Ausbildung bezahlt wird. Wird Ihre Partei diese Ungleichbehandlung schnell ausgleichen?Die niedrige Rückholquote beim Unterhaltsvorschuss liegt zum großen Teil daran, dass
    dieser (richtigerweise) auch gezahlt wird, wenn der Vater des Kindes unbekannt ist oder aber Unterhaltspflichtige über kein eigenes Einkommen verfügen. In allen anderen Fällen sind die gesetzlichen Möglichkeiten des Staates Vorschüsse wieder einzutreiben grundsätzlich ausreichend. Zu prüfen wäre allerdings, ob diese Möglichkeiten überall gleichermaßen konsequent betrieben werden und dafür ausreichend Personal zur Verfügung steht. Hier ist die Lage in Berlin laut Medienberichten wohl stark verbesserungswürdig. Dies ist allerdings Landeszuständigkeit, ebenso wie auch die Frage wie die Zahlungsfähigkeit von Unterhaltspflichtigen zügig festgestellt werden kann. Eine Anhebung des Bezugsalters über 18 Jahre hinaus bis zum Abschluss der ersten
    Ausbildung erscheint mir persönlich eine nachvollziehbare Forderung, die eine ehrliche Prüfung verdient. Allerdings stellte bereits die gerade erfolgte Erhöhung auf 18 Jahre Länder und Kommunen vor große finanzielle Herausforderungen. Eine weitere Anhebung dürfte daher kurzfristig eher nicht zu erwarten sein. Auf die bestehenden Förderungsmöglichkeiten etwa durch Schüler- und Studierenden-BAföG darf ich hinweisen.

Der VAMV Berlin setzt sich für eine schnelle und gerechte Angleichung der Familienformen ein. Das betrifft vor allem die bisher deutlich ungleiche steuerliche Entlastung von verheirateten und nicht verheirateten Familien. Kinder bleiben dabei fast vollständig unberücksichtigt. Das ist eine weitere Ursache für die Armut von Einelternfamilien. Eine Änderung von Ehegattensplitting zu Familiensplitting könnte mehr Gerechtigkeit schaffen, erreicht jedoch Einelternfamilien aufgrund ihrer eingeschränkten Erwerbstätigkeit und dem damit verbundenen eingeschränkten Verdienst selten vollständig. Der VAMV Berlin setzt sich aus diesem Grund für die schnelle Einführung einer einkommensunabhängigen Kindergrundsicherung ein bei Ersetzen der bisherigen Steuerklassen durch eine einheitliche Individualbesteuerung.

2. Familienförderung, Familienbesteuerung und Kindergrundsicherung

  • Wie steht Ihre Partei generell zum Ehegattensplitting, wie zum Familiensplitting?
  • Welche Maßnahmen sieht Ihre Partei in der nächsten Wahlperiode vor, um die massive Ungleichheit bei der Besteuerung der Familienformen aufzuheben und die Kinder in den Fokus zu nehmen?
  • Die bis zu 160 ehe- und familienbezogenen Leistungen verfehlen laut einer Evaluation von 2014 ihre Wirkung fast vollständig. Wie steht Ihre Partei zu der Abschaffung dieser Fördermaßnahmen zugunsten einer einfacheren, gleichberechtigteren und gerechteren Familienförderung? Welche Maßnahmen sieht sie hier vor?
  • Wie steht Ihre Partei zur Einführung einer Kindergrundsicherung bei gleichzeitiger Individualbesteuerung, also Steuerklasse I für alle? Wenn Sie diese befürworten: Sind Sie für eine einkommensabhängige oder eine einkommensunabhängige Kindergrundsicherung und warum?

Die Antworten

CDU/CSU
Die CDU/CSU hat uns die Antworten auf die Fragen des VAMV Bundesverbandes zugeschickt, deren Fragen sich zum Teil mit unseren überschneiden.

SPD
Die SPD hat uns ebenso die Antworten auf die Fragen der Wahlprüfsteine des VAMV Bundesverbandes zugeschickt, deren Fragen sich zum Teil mit unseren überschneiden.

Bündnis 90/ Die Grünen

  • Wenn Menschen füreinander Verantwortung übernehmen und heiraten oder sich verpartnern, dann soll das auch im Steuerrecht honoriert werden. Aber das Ehegattensplitting ist unmodern und bildet die vielen Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens nicht ab. Es ist auch das Ehegattensplitting, das finanzielle Anreize setzt für keine oder nur geringfügige Beschäftigung, für kleine Teilzeitjobs mit nur wenigen Arbeitsstunden und erhebliche Armutsrisiken vor allem für Frauen in sich birgt. Aus diesen Gründen werden wir für alle neu geschlossenen Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften zur individuellen Besteuerung übergehen und das Ehegattensplitting durch eine gezielte Förderung von Familien mit Kindern ersetzen. Bereits Verheiratete oder Verpartnerte sollen entscheiden können, ob sie weiterhin Ehegattensplitting, Kinderfreibeträge und Kindergeld bekommen wollen oder ob unser Angebot mit Individualbesteuerung und grünem Familien-Budget für sie günstiger ist.
  • Gegenwärtig ist die Kinder- und Familienförderung trotz ihrer Vielzahl an Leistungen nicht gerecht und wirksam. Sie steht faktisch Kopf: Eltern mit hohem Einkommen erhalten für ihre Kinder mehr Unterstützung vom Staat als Eltern mit kleinen oder mittleren Einkommen. Alleinerziehende werden durch dieses System besonders benachteiligt.Mit unserem grünen Familien-Budget sorgen wir dafür, dass alle Kinder gleichermaßen zu ihrem Recht kommen. Mit dem grünen Familien-Budget schnüren wir ein großes Reformpaket, das zahlreiche Schwachstellen bei der Familienförderung angeht, die Familien entlastet und Alleinerziehende stärkt. Für uns ist die Bekämpfung von Kinderarmut ein prioritäres Ziel. Wir stellen die Kinder in den Mittelpunkt der Förderung.Zum Familienbudget gehören zum einen höhere Kinderregelsätze, die den tatsächlichen Bedarf decken sowie ein Kindergeldbonus für Alleinerziehende und Familien mit niedrigem Einkommen, der nicht beantragt werden muss. Des Weiteren gehört dazu die Umwandlung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen zu einer Kindergrundsicherung.
  • Für alle neu geschlossenen Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften wollen wir zur individuellen Besteuerung übergehen und das Ehegattensplitting durch eine gezielte Förderung von Familien mit Kindern ersetzen. Bereits Verheiratete oder Verpartnerte sollen entscheiden können, ob sie weiterhin  Ehegattensplitting, Kinderfreibeträgen und Kindergeld bekommen wollen oder ob unser Angebot mit Individualbesteuerung und grünem Familien-Budget für sie günstiger ist. Unser Familienbudget besteht aus drei Bausteinen:
    höhere Kinderregelsätze, die den tatsächlichen Bedarf decken
    dem Kindergeldbonus für Alleinerziehende und Familien mit niedrigem Einkommen, der nicht beantragt werden muss
    die Umwandlung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen zu einer einkommensunabhängigen Kindergrundsicherung. Dadurch orientiert sich die Förderung am Kind. Eltern mit kleinen und mittleren Einkommen erhalten für ihre Kinder damit die gleiche Unterstützung wie Eltern mit hohen Einkommen.

DIE LINKE

  • Das Ehegattensplitting begünstigt eine klassische Hausfrauenehe oder Zuverdienst-Ehe, besonders von Gutverdienenden. Wir wollen es durch Steuermodelle ersetzen, die der Vielfalt der Lebensweisen mit Kindern gerecht werden und niemanden benachteiligen. Stattdessen sollen die tatsächlichen Betreuungs- und Pflegeleistungen sowie das Zusammenleben mit Kindern gefördert und im Rentenrecht ausgeglichen werden. Das Ehegattensplitting wird durch familienfreundliche Steuermodelle ersetzt.
    Dabei muss das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum zwischen den Eheleuten bzw. Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern frei übertragbar sein.
  • Jedes Kind ist uns gleich viel wert: Aktuell können wohlhabende Eltern für ihre Kinder einen höheren Betrag steuerlich geltend machen, als Eltern mit geringerem Einkommen an Kindergeld bekommen. Wir wollen als Sofortmaßnahme das Kindergeld für alle Kinder auf 328 Euro erhöhen. In Gegenden mit besonders hohen Mieten wird das Kindergeld – wie die Kindergrundsicherung – im Bedarfsfall durch entsprechend regionalisiertes Wohngeld ergänzt.
  • Siehe nächste Antwort.
  • Für alle in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen fordert DIE LINKE gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine eigenständige, individuelle Grundsicherung in Höhe von zu versteuernden 573 Euro. Die Kindergrundsicherung wird entsprechend der Entwicklung des Existenzminimums von Kindern angepasst. Sie soll Kinder und Jugendliche aus der verdeckten Armut und dem Stigma von Hartz-IV-Leistungen herausholen. Sie setzt sich zusammen aus einem monetären Grundbetrag und einem Betrag, der die Mängel der Infrastruktur für Kinder ausgleichen soll.
    Wir streiten für eine Gesellschaft, in der sämtliche Leistungen für Bildung, Kinderbetreuung und Erziehung sowie öffentliche Güter wie Mobilität, Kultur und Freizeitangebote nicht nur, aber zuallererst für Kinder kostenfrei zur Verfügung stehen. Wenn diese soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche geschaffen ist, kann die Kindergrundsicherung um den entsprechenden Betrag reduziert werden.

FDP
Von der FDP haben wir zwei Antworten erhalten. Der Vollständigkeithalber veröffentlichen wir beide.

FDP-Landesverband
Athanasia Rousiamani-Goldthau (Kandidatin für den Deutschen Bundestag)

  • Wir Freie Demokraten wollen einen Rahmen schaffen, in dem Eltern bestmöglich
    unterstützt und entlastet werden. Am Splittingverfahren für Ehe- und eingetragene
    Lebenspartnerschaften wollen wir festhalten und Familien und Alleinerziehende dadurch entlasten, dass wir die Kinderfreibeträge anheben und Betreuungskosten bis zum Höchstbetrag steuerlich voll absetzbar machen. Wir wollen zusätzlich die steuerliche Berücksichtigung von Leistungen im Haushalt (insbesondere Pflege- und
    Betreuungsleistungen) verbessern und damit die Vereinbarkeit von Familien und Beruf
    erleichtern, die Rolle der privaten Haushalte als Arbeitgeber stärken sowie die
    Schwarzarbeit bekämpfen. Für angefallene Kosten soll eine Steuerermäßigung von 50
    Prozent statt 20 Prozent als Abzug von der Steuerschuld geltend gemacht werden
    können. Damit werden alle Familien gleich entlastet.
    Durch unser Konzept der Bildungsgutscheine: https://www.fdp.de/wp-modul/btw17-wp-a-4
    und unserem ; Kindergeld: https://www.fdp.de/wp-modul/btw17-wp-a-118 ; wollen wir zudem beste Bildungschancen für alle Kinder sicherstellen. Wir fordern dementsprechend, die Finanzierung der Schulen, Kindergärten und Kitas schrittweise auf Bildungsgutscheine umzustellen. Das „Kindergeld 2.0“ berücksichtigt unter anderem die wirtschaftliche Situation der Eltern und Gutscheine für Leistungen für Bildung und Teilhabe. Darüber soll zum Beispiel die Mitgliedschaft im Sportverein oder das Erlernen eines Musikinstrumentes in einer Musikschule unbürokratisch möglich sein. Diese Neuregelung des Kindergeldes soll sicherstellen, dass die Leistungen auch bei den Kindern ankommen. Bislang werden außerdem zum Beispiel familienbezogene Leistungen wie Kindergeld, Betreuungsgeld oder Unterhaltsvorschuss auf Leistungen nach dem SGB II angerechnet. Das wollen wir ändern.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in den vergangenen Wahlperioden stärker in den Fokus gerückt. Elterngeld, ElterngeldPlus, Vätermonate und der Ausbau der Kinderbetreuung auch für kleinere Kinder sollen es beiden Eltern ermöglichen, mit nur kurzer Familienpause weiter an ihr berufliches Leben anzuknüpfen. Der VAMV Berlin begrüßt alle diese Initiativen, weil die schnelle Rückkehrmöglichkeit in den Beruf ganz besonders für Einelternfamilien ein wirksames Mittel gegen (Alters-)Armut ist.

Die bisherigen Maßnahmen sind immer noch vor allem auf Paarfamilien ausgerichtet: So ist z. B. der Stundenkorridor zur Wahrnehmung des ElterngeldPlus mit 25 bis 30 Stunden für Alleinerziehende eindeutig zu hoch. Der VAMV Berlin begrüßt ausdrücklich den Ausbau einer qualifizierten Kinderbetreuung – auch die Randzeitenbetreuung. Bei Tätigkeiten außerhalb der Kita-Öffnungszeiten haben Alleinerziehende große Probleme und benötigen schnell flexible ergänzende Kinderbetreuung.

3. Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Einelternfamilien

  • Hat Ihre Partei beim Ausbau der Kinderbetreuung auch Konzepte für die Kinderbetreuung zuhause, bzw. Abhol- und Bringedienste? Welche Möglichkeiten sehen Sie bei dem Thema Arbeit 4.0 – der Neuordnung von Arbeit durch die Digitalisierung – für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und welche Konzepte legen Sie hierbei auf?
  • Der VAMV Berlin begrüßt jede Initiative, die Vereinbarkeit verbessert, sieht aber bisher die Arbeitgeber noch zu wenig in die Pflicht genommen. Hat Ihre Partei Konzepte, die nicht nur die Flexibilität von Familien fördern, sondern sich gezielt an die Arbeitgeber richten? Wie kann die Politik darauf einwirken, dass Arbeitgeber ihr Arbeitsleben familienfreundlicher gestalten?
  • Wie steht Ihre Partei zum Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit? Wie will Ihre Partei unfreiwillig lange Arbeitseinschränkungen und Arbeitslosigkeit wegen familiärer Verpflichtungen verhindern?

Die Antworten

CDU/CSU
Die CDU/CSU hat uns die Antworten auf die Fragen des VAMV Bundesverbandes zugeschickt, deren Fragen sich zum Teil mit unseren überschneiden.

SPD
Die SPD hat uns ebenso die Antworten auf die Fragen der Wahlprüfsteine des VAMV Bundesverbandes zugeschickt, deren Fragen sich zum Teil mit unseren überschneiden.

Bündnis 90/ Die Grünen

  • Frühkindliche Bildung braucht Zeit. Der Ganztagsbetrieb ermöglicht einen neuen Tagesrhythmus in den Einrichtungen und bietet insgesamt mehr Zeit für die Förderung. Zeit ist somit auch ein wichtiger Qualitätsfaktor. Daher fordern wir eine Klarstellung im Bundesgesetz, dass es sich beim Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz um einen Ganztagsplatz handelt – für alle Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr bis zur Einschulung. Und wenn wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern wollen, darf sich die Betreuungszeit nicht auf den Zeitraum von 8.00 – 16.00 Uhr beschränken. Kindertagesstätten müssen ihre Öffnungszeiten an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt anpassen. Das heißt, dass es auch Angebote geben muss, die Eltern im Schichtdienst gerecht werden.Auch die Kindertagespflege spielt eine wichtige Rolle, um dem Anspruch der Kinder und ihrer Eltern gerecht zu werden. Tagespflegeplätze sind in der Regel schneller einzurichten, als Angebote in Kindertageseinrichtungen und stellen eine flexiblere Alternative dar. Mit drei Milliarden Euro jährlich zusätzlich wollen wir schnellstmöglich weitere Angebote frühkindlicher Bildung und Betreuung schaffen und die Qualität verbessern. Jedes Kind soll ein Recht auf ein ganztägiges Angebote haben. Bis 2020 fehlen jedoch etwa 350.000 Angebote für Kinder bis zum Schuleintritt. Auch ist die Qualität oftmals ausbaufähig. Wir wollen in Qualität investieren und die fehlenden Angebote schaffen.Wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Chancen der digitalisierten Arbeitswelt allen Menschen zugutekommen und Vorteile gerade auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf genutzt werden können. Dafür wollen wir Arbeitszeit und Arbeitsort stärker an den Bedürfnissen der Beschäftigten ausrichten. Sie bekommen Mitspracherechte über den Umfang, die zeitliche Lage und den Ort ihrer Arbeit. Diese Arrangements können regelmäßig angepasst werden. Wenn dem keine betrieblichen Gründe entgegenstehen, soll ein Wahlarbeitszeitkorridor zwischen 30 und 40 Wochenstunden ermöglicht werden sowie ein Recht auf Homeoffice.
  • Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist weiterhin eine der größten Herausforderungen für Familien, vor allem für Frauen. Wir wollen dafür sorgen, dass Eltern nicht die Puste ausgeht. Viele Unternehmen haben die Herausforderung erkannt und angefangen, Arbeitszeit neu zu denken und innovative Konzepte für ihre Belegschaften zu entwickeln. Solche Wege wollen wir unterstützen und ausbauen: mit einer flexiblen Vollzeit, die es Beschäftigten ermöglicht, freier zu entscheiden, wie innerhalb eines Korridors von 30 bis 40 Stunden ihre persönliche Vollzeit aussieht; mit einem Rückkehrrecht auf die ursprüngliche Stundenzahl nach einer Phase der Teilzeit; mit einem Recht auf Home Office als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz sowie mit einer PflegeZeit, die hilft, die Sorge für einen nahestehenden Menschen mit dem Beruf besser zu vereinbaren. Vor allem aber mit einer gezielten Förderung von Familien durch unser Konzept KinderZeit Plus. Mit der KinderZeit Plus ermöglichen wir es Eltern, auch nach dem ersten Geburtstag des Kindes phasenweise die Arbeitszeit zu reduzieren. Familien bekommen damit mehr Beweglichkeit. Denn es sind nicht nur die Kleinsten, die ihre Eltern brauchen. Die KinderZeit Plus kann genommen werden, bis die Kinder 14 Jahre alt sind. So bekommen auch Eltern mit geringem Einkommen mehr Spielraum, um sich Zeit für ihre schon etwas größeren Kinder zu nehmen. In der KinderZeit Plus erhält jeder Elternteil acht Monate finanzielle Unterstützung – weitere acht Monate können frei zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Alleinerziehende haben Anspruch auf die vollen 24 Monate KinderZeit Plus. Damit verlängern und flexibilisieren wir das heutige Elterngeld deutlich.

DIE LINKE

  • Wir wollen ein ausreichendes, bedarfsgerechtes und qualitativ hochwertiges beitragsfreies Ganztags-Betreuungsangebot für Kinder schaffen: Darauf sollen Kinder einen Rechtsanspruch haben, unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern. Es muss den unterschiedlichen und altersspezifischen Bedürfnissen gerecht werden. Bei der Bereitstellung von Kita-Plätzen gilt der tatsächliche Bedarf und nicht eine beliebig ermittelte Quote. Zudem ist die rechtliche und finanzielle Grundlage für ein flächen- und bedarfsgerechtes ganztägiges Schulangebot zu schaffen.
    Eltern, insbesondere alleinerziehende, brauchen Betreuungseinrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten, damit sie Beruf und Familienleben vereinbaren können. Gleichzeitig müssen in diesen Einrichtungen die Standards guter Arbeit realisiert werden.
    Werden die Dienstleistungen ausgebaut, muss auch das Fachpersonal aufgestockt werden. DIE LINKE unterstützt die Beschäftigten in Kindertagesstätten bei ihren Forderungen nach Anerkennung ihrer Arbeit, angemessener Bezahlung und guten arbeitsrechtlichen Bedingungen.
    Die gestiegene Produktivität der Arbeit macht es möglich: Wohlstand und mehr Zeit für alle statt hohe Profite für eine Minderheit von Kapitaleigentümern. Durch eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung kann das Versprechen der Digitalisierung, selbstbestimmter zu arbeiten und zu leben, für alle Wirklichkeit werden. So kann die Massenerwerbslosigkeit auch unter Bedingungen der Digitalisierung wirksam bekämpft und die Arbeit, auch zwischen den Geschlechtern, gerecht verteilt werden.
    Unser Ziel ist klar: Sechs Stunden Arbeit pro Tag im Schnitt sind genug! Im 21. Jahrhundert brauchen wir eine flexiblere und kürzere Normalarbeitszeit, eine kurze Vollzeit, die um die 30-Stunden-Woche kreist. DIE LINKE kämpft für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich.
    Kranksein ist für Eltern kleiner Kinder fast immer eine Belastung – für Alleinerziehende kann es schlicht eine Katastrophe sein.
    Langwierige Genehmigungsverfahren für eine Haushaltshilfe der Krankenkassen helfen hier kaum. Alleinerziehende brauchen schnelle und unbürokratische Hilfe.
  • Wir wollen Arbeitszeitmodelle schaffen, die Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Statt einer Flexibilisierung von Arbeitszeit, die sich lediglich an den betrieblichen Erfordernissen orientiert, brauchen die Beschäftigten mehr Zeitautonomie. Betriebe brauchen ausreichend Personal, um z. B. den Ausfall durch Kindkrank-Tage auszugleichen.
    Wir unterstützen Gewerkschaften und Initiativen beim Kampf um kürzere Arbeitszeiten und mehr Zeitsouveränität. Damit Arbeitszeitverkürzung nicht zu Arbeitsverdichtung führt, braucht es verbindliche Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitsorganisation und Personalbemessung. Betriebs- und Personalräte müssen ein erzwingbares Mitbestimmungs- und Vetorecht bei der Arbeitsmenge, Arbeitsorganisation und Personalbemessung (Personal- und Stellenpläne) erhalten.
  • Wir wollen ein Recht auf vorübergehende Arbeitszeitverkürzung: Der bestehende Rechtsanspruch auf Teilzeit (verankert im Teilzeit- und Befristungsgesetz) muss durch ein Rückkehrrecht auf die vorherige vertragliche Arbeitszeit ergänzt werden. DIE LINKE fordert einen Rechtsanspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit, sofern in dem Unternehmen Arbeit mit der entsprechenden Qualifikation vorhanden ist.
    Alleinerziehende benötigen mehr Unterstützung, um ins Berufsleben zurückzukehren oder um eine Ausbildung abzuschließen. Entsprechende Förderung, Weiterbildungsangebote und Angebote zu sozialer Vernetzung wollen wir verbessern.

FDP
Von der FDP haben wir zwei Antworten erhalten. Der Vollständigkeithalber veröffentlichen wir beide.

FDP-Landesverband
Athanasia Rousiamani-Goldthau (Kandidatin für den Deutschen Bundestag)

  • Wir wollen die flexible Kinderbetreuung stark ausbauen. Dies soll auch in Betrieben
    geschehen. Wir Freie Demokraten arbeiten darauf hin, dass die Betreuung durch
    Tageseltern einerseits und in einer Kindertageseinrichtung andererseits als gleichwertige Betreuungsformen anerkannt und bezuschusst werden. Ein schneller und
    unbürokratischer Ausbau muss das Ziel sein, um den fehlenden Betreuungsplätzen
    entgegenzuwirken. Wir wollen prüfen, ob Baugenehmigungen für private Investoren unter der Prämisse der höchstmöglichen Qualität schneller erteilt werden können. Eine langfristige Strategie zur Bewältigung des Problems muss erarbeitet werden. Flexible Betreuungsangebote sind für uns Freie Demokraten Voraussetzung für unsere moderne Arbeitswelt.Die Ganztagsbetreuung muss dementsprechend ausgebaut werden.
    Wir Freie Demokraten fordern einen flexiblen Arbeitsmarkt, der Eltern faire Chancen
    bietet. Wir setzen wir uns für flexible Arbeitszeitmodelle und digitale Arbeitsplätze ein. So wird zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten möglich, sodass Familie und Job leichter vereinbar sind. Wir Freie Demokraten wollen Langzeitkonten für Arbeitszeit fördern, um mehr Souveränität in der beruflichen Lebensgestaltung zwischen Beruf und Familie zu ermöglichen. Ein Beispiel für ein konkretes Konzept ist unser Plan für einLangzeitkonto – zum Beispiel für mehr Luft in der „Rush-Hour“ des Lebens, bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie oder, wenn man mit einem Sabbatical einmal aussetzen will. Ein Langzeitkonto (auch Wertguthaben- oder Zeitwertkonto genannt) funktioniert so: In einer arbeitsintensiven Phase sammeln Arbeitnehmer Überstunden, Boni, Resturlaub und Sonderzahlungen an.Diese werden in ein Wertguthaben auf dem Langzeitkonto umgewandelt. Auch über eine steuerfreie Entgeltumwandlung von Teilen des Gehaltes und Zuschüsse des Arbeitgebers kann man Geld ansparen.Das Langzeitkonto soll unabhängig vom Arbeitgeber werden, damit einfacher als heute
    übertragbar sein und das Guthaben für alle Formen der Freistellungen genutzt werden
    können. Bestehende Einschränkungen, etwa in der Kombination mit Elterngeld, sollen
    beseitigt werden. Seitens der Unternehmen brauchen wir Bürokratieabbau und
    Vereinfachungen in der Durchführung, etwa bei Berichtspflichten und der Entstehung von Urlaubsansprüchen während der Auszeiten. Zudem sollte es mehr Freiheiten bei der
    Kapitalanlage geben. Damit schaffen wir einen großen Wurf für mehr Zeitsouveränität und Flexibilität und erleichtern die Umsetzung individueller Vorstellungen in der
    Lebensführung.Wir Freie Demokraten fordern einen flexiblen Arbeitsmarkt, in dem alle faire Chancen
    vorfinden. Es ist dabei Aufgabe von Arbeitgebern und Gewerkschaften den Arbeitsalltag zu regeln. Ein gesetzliches Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit hat immer zwei Seiten: Für die einen bedeutet sie mehr Planungssicherheit. Für die Ersatzarbeitskraft hingegen erhöht sie die Unsicherheit. Befristete Beschäftigungen würden dadurch zwangsläufig zunehmen. Deshalb muss der Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten bei der Förderung der Vollzeiterwerbstätigkeit Vorrang haben.