von Sigrid Andersen, wissenschaftliche Mitarbeiterin im VAMV-Bundesverband e.V.

Das deutsche Recht kennt bislang keine speziellen Regelungen zum Wechselmodell. Eine Ausnahme macht dabei das Wohngeldgesetz. Das Wechselmodell ist jedoch auch im Rahmen der bestehenden rechtlichen Regelungen durchführbar. Dazu müssen sich die Eltern über bestimmte Fragen, für die das Gesetz keine Lösung vorgibt, einvernehmlich einigen.

Kooperative wechselmodellüberzeugte Eltern werden hier Lösungen finden, da das Wechselmodell ohnehin die Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern voraussetzt, miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren: Aufgrund des durch den ständigen Wechsel erhöhten Kommunikations- und Organisationsbedarfs ist ein Konsens der Eltern nach Ansicht der Gerichte in der Regel unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung eines Wechselmodells, weshalb diese ein Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils in der Regel nicht anordnen.
Es gibt aber einige Amts- und Oberlandesgerichte, die eine andere Auffassung vertreten und in einzelnen Fällen mit unterschiedlichen (rechtlichen) Begründungen faktisch doch ein Wechselmodell anordnen.

Über folgende Fragen müssen sich die Eltern einigen

Kindergeld

Auch beim Wechselmodell steht das Kindergeld den getrennt lebenden Eltern jeweils zur Hälfte zu. Die Eltern müssen entscheiden, an wen es ausgezahlt wird; eine geteilte Auszahlung ist ausgeschlossen.

Hauptwohnsitz

Zwei gleichberechtigte Hauptwohnsitze gibt es nicht. Das sieht das Melderecht nicht vor. Deshalb müssen sich die Eltern darauf einigen, welcher Elternteil den Hauptwohnsitz des Kindes anmeldet.

Steuerlicher Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (Steuerklasse II)

Auch wenn beide Eltern die Voraussetzungen zum Erhalt des Entlastungsbetrags erfüllen, kann nur ein Elternteil wegen desselben Kindes für denselben Monat den Entlastungsbetrag in Anspruch nehmen. Wird ein Kind annähernd gleichwertig in beiden Haushalten betreut, können die Eltern untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll. Treffen die Eltern keine Bestimmung darüber, wer den Entlastungsbetrag bekommen soll, bekommt ihn derjenige Elternteil, an den das Kindergeld ausgezahlt wird.

In folgenden Bereichen hat das Wechselmodell rechtliche Auswirkungen

Unterhaltsvorschuss

Voraussetzung für den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ist gemäß § 1 UVG dass das Kind „bei einem seiner Elternteile lebt“. Dieses Merkmal dürfte beim Wechselmodell von den Gerichten in der Regel als nicht erfüllt angesehen werden: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht zu gewähren sind, wenn das Kind weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut wird, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat.

Wohngeld

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als Haushaltsmitglied, wenn es von ihnen zu „annähernd gleichen Teilen“ betreut wird. Dies gilt laut Wohngeldgesetz sogar bis hin zu einer Aufteilung der Betreuung bis zu einem Verhältnis von mindestens einem Drittel zu zwei Dritteln (§ 5 Abs. 4 Wohngeldgesetz).

Alleinerziehendenmehrbedarf im SGB II

Jeder Elternteil hat Anspruch auf die Hälfte, wenn sich die Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes in größeren, mindestens eine Woche umfassenden Intervallen abwechseln.

Temporäre Bedarfsgemeinschaft im SGB II

Teilen sich die Eltern die Betreuung des Kindes etwa zur Hälfte (Wechselmodell), so hat das Kind zwei reguläre Aufenthaltsorte, an denen es jeweils die halben SGB II-Leistungen erhält.